BOLIVIEN

Bericht 5: Bolivien 14.04. - 26.04.2015

 

 

Salar de Uyuni

Bolivien

 

Wir verlassen San Pedro de Atacama (Chile) am fruehen morgen nach einem Fruehstueck mit Ruehrei und Kaffee in einem Kleinbuss mit nur 4 Insassen. Kurzerhand werden noch die Ausreise Formalitaeten in einer der Nebenstrassen erledigt.

Ein kurzes „Hola“ beiderseits, „El pasaporte por favor“, Stempel und „Adios“. Auf gehts Richtung Osten. Von 2500 m rauf auf 4300m zum ersten Pass, der nur 40 km entfernt ist. Er ist gleichzeitig Grenzuebergang, hoplrigen Weges und mit leichter Aufregung ueber die Weiterfahrt erreichen wir ein einsames Haus und einen Blechcontainer und zahlreich wartende Jeeps inkl. weiterer Touristen. Wir halten an und werden zum bolivianischen Grenzposten gebeten.  Unbuerokratisch und ohne grossartigen Aufwand und skeptische Blicke haben wir den naechsten Stempel und befinden uns offiziell in Bolivien, einem der aermsten Laender Suedamerikas.

 

Wir laden um, von Bus auf Jeep. Kurz darauf sieht die Situation wie folgt aus: Wir sitzen zu 6 inkl. Fahrer in einem geraeumigen Landcruiser Jeep. Der Fahrer Gustavo und Michael (Schweiz) vorne, wir beide dahinter, Meliz und Thoma (Frankreich) auf der hinteren Sitzbank und die Raeder gut verschnuert auf dem Dach neben den Rucksaecken der anderen sowie den Vorraeten und 4 Benzinkanister fuer die 500km lange Ueberfahrt. Viele nennen diese Tour als ihr Highlight einer Suedamerikareise. Wir sind gespannt, was uns erwartet. Von vielen Radlern haben wir gehoert, dass es einzigartig sei, diese Strecke zu befahren. Die Naehe zur Natur und das Gefuehl des Ausgeliefertseins seien so praegend. Keine Ortschaft, kaum ein Laden, Trockenheit, Einsamkeit, Endlosigkeit und unerwartete Naturschauspiele sind eine der Besonderheiten auf dieser sogenannten Lagunen- Route. Wir haben allerdings nicht die Zeit, die entsprechenden Vorbereitungen oder ein GPS dabei, um diese Fahrt gesichert anzutreten. Dennoch hoffen wir auf eine erlebnisreiche Jeeptour.

 

Da wir uns auf einer „gebuchten Tour“ befinden sind Schlafplaetze und Verpflegung abgesichert. Lediglich ein paar Snacks und zusaetzliches Wasser haben wir dabei. Es sollte uns also in dieser lebensfeindlichen Region nix passieren. Allerdings befinden wir uns auf Hoehen zwischen 3500 und fast 5000m. Hoehen, in der die Luft duenner wird und sich der Koerper darauf einstellen muss. Eine gewisse Akklimatisationszeit ist vorher einzuhalten, um nicht die Auswirkungen der Hoehenkrankheit zu erfahren. Weiterhin soll viel Wasser getrunken werden, keine grossen Portionen an Essen zu sich genommen und Ueberanstrengung vermieden werden. Zusaetzlich soll das Kauen von Coca-Blaettern helfen, da sie die Sauerstoffaufnahme verbessern. Im Ernstfall hilft entweder das Beatmen mit einem Sauerstoffgeraet oder das schnelle Absteigen um einige hundert Meter.  

 

Unser Weg fuehrt uns gefesselt vom Anblick der bizarren Landschaften ueber Berge, vorbei an Vulkanen (Licancabur, 5920m; Uturuncu, 6008m; Ollague, 5868m), entlang unerwarteter Lagunen, die aufgrund zahlreichen Mineralien ein breites Spektrum an Farben beherbergen. Gleichzeitig scheinen sie die Quellen fuer wenige Lebensformen zu sein. Dennoch sind sie Anziehungspunkte fuer hunderte gar tausende Flamingos, die diese Gewaesser mit ihren Schnaebeln nach nahrhaften Partikeln durchfiltern. Sie stolzieren ungestoert mit gesenkten Hals durch die flachen roetlichen, gruenlichen oder blauelichen Gewaesser. Jeder Anflug von 2 oder 3 dieser Luftakrobaten ist ein genialer Moment, wie wir sie aus zauhlreichen Naturdokumentationen kennen. Wir passieren und halten an den Gewaessern Laguna Verde, Laguna Blanca und Laguna Colorado, die sich auf Hoehen von 4200-4400m befinden. Die teils spiegelglatten Wasseroberflaechen reflektieren die dahinter liegende Berge und sogar einen Vulkan in einem beruehrenden Augenblick.

 

Ein weiteres Highlight sind die Geysire Sol de Manana auf 4850m. Es faucht und tost aus dem Boden heraus. Loecher mit brodelnder Schlamm spucken Blasen nach oben, es stinkt nach Schwefel und Verdorbenem. Der Wind spielt mit dem aufsteigendem Dampf und umhuellt uns von einer Sekunde auf die naechste. Wir springen ueber die brodelnden Loecher, hocken vor den zerplatzenden Schlammblasen und fliehen vor dem Gestank der Mineralmischungen aus dem Erdinneren. Ein wunderbares Spektakel.

 

Wir werden waehrend der Tour bestens verpflegt. Ausreichend und abwechselungsreich. Das Hauptessen des Tages wird in den naechtlichen Unterkuenften gereicht. Suppen, gebratenes Gemuese, Reis oder Nudeln. Tee und Kaffe, Eierkuchen zum Fruehstueck mit dem typischen Dulce Leche (Aehnlich einem Nougataufstrich). Wie es fuer Wuestenregionen und Hochlagen typisch ist, sind die Tagesstunden warm und die Naechte teils bitterkalt. Es geht runter bis auf 0 Grad. Die Unterkuenfte sind einfach und ohne Heizung. Dafuer hat jedes Bett mindestens 3 Decken. Wir haben den Vorteil, dass wir uns haben. Somit kuscheln wir uns staendig in in ein Bett, obwohl uns zwei zustehen. Aber dadurch wird uns nie kalt.

 

Eine ware Abwechslung bot ein natuerliches Warmwasserbecken, das Thermalbad von Polques, auf 4400m. In Badesachen setzen wir uns in das warme Nass und blicken gelassen ueber die atemberaubende Landschaft. Wo sind wir hier nur gelandet? Wer fliegt dieses Raumschiff und bringt uns von einem unbeschreiblichen Ort zum naechsten? Gustavo, der bolivianische Fahrer, steht in solchen Momenten bei seinen Fahrerkollegen und schmunzelt. Was wir wohl als ein „Einmal-im-Leben“-Ereigniss erfahren, erfaehrt er jede Woche. Er verdient dadurch gutes Geld. Nutzt sein eigenes Auto und ist viel unterwegs. Keine Spur von Entzuecken oder Staunen ueber die Besonderheiten des Augenblickes. Sein alltaeglicher Job in einem besonderen Fleck dieser wundervollen bunten Welt. Wie wurde er wohl staunen, wenn er durch eine zivilisierte, eng bebaute, verkehrsreiche Stadt mit U-Bahnen laufen wuerde?

 

Die letzte Nacht verbringen im einem Salzhotel. Es heisst nicht nur so, es ist auch so gebaut - aus Salz. Salzbloecke als Steine fuer die Waende, Salzsteine als Teppichersatz, Tische und Stuehle aus Salz. Alles Salz. Und der Vorgeschmack auf den zu erwartende Hoehepunkt dieser intensiven Tour.

 

Die Salar de Uyuni – die groesse Salzwueste der Erde. Das klingt nicht nur gross, sondern nimmt auch eine unvorstellbare und nicht ueberschaubare Flaeche ein. Da vor 10.000 Jahren der Palaeosee Tauca ausgetrocknet ist, ist eine Salzflaeche von mehr 10.000 km²  zurueck geblieben. Und somit befinden wir uns auf 3600m vor und sogar auf der groessten Salzpfanne der Erde. Salz soweit das geblendete Auge reicht. Auf den ersten Blick Schnee, und auf dem zweiten immernoch Salz. Noch vor Sonnenaufgang verlassen wir das Salzhotel und fahren irgendwie planlos, da keine Fahrbahnmarkierungen vorhanden sind, quer ueber diese weisse Flaeche. Im Dunkeln, mal mit mal ohne Licht. Hinter uns sehen wir mehrer Jeeps folgen. Alle treffen sich an einer historisch und archaeologisch bedeutenden Insel, der Incahuasi. Kurz vor Sonnenaufgang besteigen wir die knapp 40m Hohe Anhoehe, die mit 1000 Jahren alten Kakteen bewachsen ist. Wir setzen uns und warten auf einen der sentimentalsten Momente der Menschheit: Das Erwachen des Tages, das Klettern des leuchtenden Balls am Beginn des Horizontes. Und wie immer geht es viel zu schnell. Die Sonne steigt und taucht die Salar in einen neuen , weiteren Glanz. Die Kameras rattern, die Leute liegen sich in den Armen und allen gefaellt es. Wahrhaftig ein schoener Moment.

 

Wir fahren nach Colchani, dem Ausgangsort einer Befahrung der Salar am Ostufer. Dort wird uns der tatsaechliche Salzabbau gezeigt. Mit LKW’s wird das Salz abgefahren. Die Salar de Uyuni beherbergtd als weltweit groesste Lithiumvorkommen von mehr als 5 Mio. Tonnen. Anschliessend fuehrt der sandige Weg durch kleine Deorfer. Einer unserer Freunde hatte uns gewarnt und gemeint „krasser kann ein Laenderuebertitt nicht sein“. Und er hatte recht. Wir erreichend en Ort Uyuni. Es ist dreckig, laut, chaotisch und ungeordnet  geht es auf den Strassen zu. Und das Leben spielt sich hier tatsaechlich auf der Strasse ab. Es wird hier gekocht, gegessen, gewaschen, gehandelt, geschlafen. Alte Omas in bunten gewaendern, kleine Kinder mit runden niedlichen Gesichtern in dicke Pullover gewickelt. Schreiend wird versucht, Ware oder Dienste wie Busfahrten an den Mann zu bringen. Im Himmel ist Jahrmarkt und in Bolivien 24h die Huette am brennen. Wir wollten eigentlich nach dem 3 Tagestripp im Jeep eine Nacht zur Erholung in Uyuni ranhahengen. Nix da, wir folgen dem naechten Ausruf „ La Paz  a Laaaa Paaaaaaaaz“ einer der schreiende Frau und buchen zwei Tickets fuer 20 Uhr. Zeit genug um noch was zu essen, einzukaufen, Geld abzuheben und ein Bier zu trinken, waehrend in der Fussball Champions League der FC Bayern gegen Porto verliert. Prost.

 

Am Morgen danach erreichen wir La Paz. Ein weiterer krasser Gegensatz und schwer zu beschreibender Eindruck einer Stadt eroeffnet sich als wir vom Stadteil El Alto (4000m) hinunter auf das im Kessel der Berge gelegene Stadtzentrum 600m tiefer schauen. Wir folgen den Serpentinen hinunter durch die engstehenden Haeuser bis zum Busterminal. Entladen die Raeder und goennen uns einen Kaffee und ein Fruehstueck in einer der hoechstgelegenen Staedte der Welt. Guten Morgen La Paz!

 

Hier giebt es wiedre ein Casa Del Ciclista, mit dem Gastgeber Christian, dessen Opa Deutscher war. Wir schlengeln uns durch den dichten Verkehr, der zu 90 Prozent aus Kleinbussen besteht. Kaum ein privates Kfz koennen wir ausmachen. Es wird gehupt, gerufen, wild gebremst und ein- und ausgestiegen wo man es fuer richtig haelt. Verkehrsregeln?! Sind ueberbewertet. Wir fuehlen uns wie in einem Karussel und manovrieren die Raeder bei teils Schritttempo langsamen Verkehr von rechts nach links und wieder nach rechts auf 3 Spuren. Wir erreichen unsere Adresse des „Radler-Hauses“ in einer Seitenstrasse im Zentrum. Wir klingeln und ein Sedric aus Frankreich oeffnet uns. Er laesst uns rein und zeigt uns die schoene Wohnung im hoelzernen Ambiente. Weitere 4 Franzosen, ein Englaender und ein Australier sind anwesend. Wir suchen ein paar freie Quadratmeter und richten uns ein. Wieder sind Radler aus aller Welt anwesend. Die Besetzung aendert sich in den naechsten Tagen. Die Franzosen gehen, Englaender und Chilenen kommen. Ein freudiger Austausche ueber Probleme, Erfahrungen und Strecken findet statt.

 

La Paz gefaellt uns. Wir versuchen die Kamera von Thomas reparieren zu lassen. Erfolglos. Schlagen uns die die unzaehligen Strassen, die einen grossen Markt bilden. Der taeglich geoeffnet hat. Es ist nicht eine Marktflaeche, es sind ca 17 mal 25 Strassen die einen riesen Komplex ausmachen und alles anbieten was dieser Kontinent hervorbringt. Waescheklammern, tote, ungeborene Lamababies, geroestete Nuesse, Trampolins, gebrauchte, abgenutzte Autoreifen, Eiscreme, die im Laufe des Tages in den ungekuehlten Thermoboxen nicht zu tauen scheint, Essen in allen Variationen, Haushaltswaren...einfach alles. Wahnsinn und genau das Richtige fuer uns  :-)

 

Mit  einer neu gebauten Gondel, die aus dem tiefer gelegenem Stadtzentrum hinauf nach El Alto fuehrt, bekommt man einen hervorragenden Blick ueber die Baukunst der Menscheit. Es ist verrueckt, wie sich die Einheimischen foermlich in die Felswaende gehaust haben. Im Hintergrund steigen schneebedeckte Berge hervor, zwischen den teils halbfertigen Hauesern liegt ein Fussballplatz und immer wieder tauchen die kurvigen Strassen auf, ueber die das starke Gefaelle mit laut knatternden Autos bewaeltigt werden will.  El Alto bietet jeden Sonntag einen noch groesseren Markt als den bereits erwaehnten. Schriftliche Ausfuehrung unmoeglich. Wahnsinn!!

 

Thomas hat sich vorgenommen, die beruehmte Death-Road zu befahren. Um jegliche Schaeden am eigenen Rad zu vermeiden, bucht er eine Tour. Fruehs geht es mit 2 Neuseelaenderinen und Micheal (Schweiz), den wir schon von der Uyuni- Tour kennen, auf den nahgelegen Pass von 4700m. Dort bekommen wir unsere Kleidung, Helme, Schuetzer und die vollgefederten Raeder. Wie es wohl fuer bolivianische Verhaeltnisse typisch ist, funktioniert nicht alles einwandfrei. Die Gaenge haken, die Kette ist rostig, aber die Bremsen sind scharf eingestellt. Immerhin! Gute Vorrausetzung fuer die naechsten 65 km , die uns hinab auf 1200m fuehren. Die Death-Road hat ihren Namen, da sie in den Zeiten, in denen ein regelmaessiger Transport durch Autos und LKWs stattgefunden hat, ein erhoehtes Aufkommen an toedlichen Unfaellen aufwies. Die Strasse ist steil, geschottert und faellt an ihren Kanten mehrere hundert Meter ab. Zudem ist sie grossteils nicht breiter als 4m. Heutzutage ist sie fuer den Hauptverkehr geschlossen und durch eine ausweichstrasse ersetzt worden. Primaer jagen jetzt Touristen auf den Mountainbikes hinunter. Gleichzeit durchfaehrt man fast alle Klimazonen Suedamerikas. Man beginnt in den semi ariden bis ariden Altiplano bei 8 Grad und endet in den tropischen, feuchten Regenwaldgebieten bei 30 Grad. Ein grandioser Ritt, ohne jegliche Anstrengung, ein paar achtsame Bremser sind noetig, aber ansonsten eine tolle landschaftliche Kulisse. Am Ende gibt es ein T-Shirt, ein kuehles Bier, ein all you can eat- Buffet und die 3 Stunde Heimfahrt zurueck nach La Paz. Klasse!

 

In den letzten Tagen erfreuen wir uns ueber die Anwesenheit der Englaender Tim, Julian, Andrew and Sarah. Lustige Burschen und eine mitfuehlende Geschiche, die Tim zu erzaehlen hat.

https://north2northcycletour.wordpress.com/2015/03/10/97-sharon-smiled-every-second-xxxx/

Waehrend wir Freude, Freiheit und lebenseroeffnende Momente erfahren, teilen und suchen, kann es in wenigen Faellen auch anders kommen. Wir sind traurig und gleichzeitig erstaunt ueber die Last und Staerke, die Tim mit sich traegt.

 

Wir verlassen La Paz zusammen mit Francicso, dem Chilenen, durch den Grossstadt Jungle. Kaempfen uns den ersten 12 km happige 600 Hoehenmeter hinauf, draengeln uns durch El Alto bevor wir etwas Ruhe auf der Strasse nach Nordwesten erfahren.

 

Wir freuen uns, nach 5 Ruhetagen wieder auf den Raedern zu sein. Es ist ein merkwuerdiges, aber schoenes Gefuehl. Zuvor waren in La Paz nur zwei Menschen von Hunderttausenden, die die Strassen entlang laufen. Kein Unterschied, ein alltaeglich wandelnder Mensch, der von anderen kaum Beachtung, Freude oder eine Raektion entgegen gebracht bekommt. Doch sobald wir auf den Raedern sind, fuehlt es sich an, als haetten wir einen „Zauber-Umhang“ umgeworfen. Besonders in den laendlichen Gebieten werden wir als Radler belaechelt, angefeuert oder bestaunt. Wir kommen gequelt den Berg hinauf und die kleinen Kinder rufen freudig „Hola, Hola!“. Die alten Frauen, mit ihren runzeligen Gesichtern, stehen auf den Feldern und gucken skeptisch, bevor sie uns zu winken. Auch wir fahren strahlend und verteilen freudige Handgruesse und rufen „Buenos dias“, „Como esta usted?“. Wir werden bemerkt, wahrgenommen und das meistens in positiver Hinsicht, als wuerden wir etwas Gutes tun.

 

Unser naechstes Ziel ist eines von Ellys Schulzeit-Traeumen. In der 9. Klasse im Geografieunterricht hat sie zu ihrer Banknachbarin gemeint, als sie das Thema Suedamerika und und den Titicacasee behandelt haben: „Eines Tages werde ich dort sein und dann schicke ich dir eine Karte“. Und wir waren nun auf dem besten Weg dahin. 150 km von La Paz, auf fast ebener Strecke, radeln wir ausgeruht durch landwirtschaftlich extensiv genutzte Flaeche. In jedem Dorf scheint es, als besitze jede Familie entweder eine Kuh, Schafe, Hund und Katze, einen Esel, Schweine oder Lamas. Eine Fuehle von Tieren grasen direkt an der Strasse. Quinoa, der sogenannte Anden-Reis, Kartoffeln und andere Nutzpflanzen werden ohne maschinellen Aufwand angebaut und geerntet. Hauptsaechlich Frauen bewerkstelligen die Arbeit auf den Feldern. Nach 60 km sehen wir zum ersten mal das Wasser des Titicacasees. Ein See, 15 mal so gross wie der Bodensee. Peru und Bolivien teilen sich die Ufer und er liegt auf 3800m und ist der hoechst gelegenste, kommerziell schiffbare See der Welt. Superlativen ohne Ende. Wir stoppen in Huarin fuer eine Essenspause und goennen uns frisch frittierte Forelle mit Reis und Salat fuer unschlagbare 1,70 Euro! Wir sind begeistert.

 

Einige Kilometer weiter, bei Einbruch der Dunkelheit sind wir vergebens nach einem passenden Nachtlager. An einem Museum halten wir und fragen nach Uebernachtungsmoeglichkeit. Kein Problem. Es stellt sich heraus, es ist das Museum zum traditionellen Bootsbau aus Binsen, das zahlreich an den flachen Ufern waechst. Und wie es die Geschichte uns erklaert, hat Thor Heyedahl damals mit dem bolivianischen Bootsbauer, auf dessen Grundstueck wir uns befinden, zusammen die Grundlage fuer seine Expedition mit der Kon -Tiki geschaffen. Der Mann, der uns hier zu zelten erlaubt hat, war der Sohn, der mit Thor Heyerdahl zusammen, die Boote zu den Ueberfahrten der Weltmeere gebaut hat. Wir sind begeistert. Im Ausstellungsraum kaufen wir noch einige Souveniers und bedanken uns recht herzlich.

 

Am Morgen geht es weiter. Durch eine einsame, bergige Landschaft bis auf 4300m. Uns werden die Berge zu anstrengend und der Tag zu lang. Wir beschliessen zu stoppen. Auf einem der Haenge, mit dem Blick in die endlosen Berge. Wir kochen unser Abendessen als ploetzlich zwei Maenner und ihr Motorrad  aus der Kurve geschossen ueber einen kleinen Huegel durch die Luft fliegen. Uns stockt der Atem. Wir rennen hinueber um zu helfen. Den beiden ist zum Glueck nichts Schlimmes passiert. Sichtlich geschockt, leicht verdreckt und verkratzt, versuchen sie die Maschine wieder in Gang zu bekommen und sind auch schnell wieder verschwunden. Wir versinken wieder in der Stille der Weite und kriechen bei 2 Grad in unser Zelt und die waermenden Schlafsaecke.

 

Eine schoene Kulisse und eine doch recht warme Nacht laesst uns ausgeruht am Morgen die letzten 15 km bis zur Copacabana, dem touristischen Ort am bolivianischen Ufer, fahren. Wir finden einen nett hergerichteten Zeltplatz am Ufer des Sees und bleiben einige Tage. Essen Forelle fuer Forelle. Gehen nicht im kalten Wasser baden, aber fahren rueber zur angepriesenen Isla del Sol. Allerdings ist sie fuer uns nicht besonders ereignisreich. Ein schoener Tagesausflug mit einer angenhemen Wanderung ueber die bergige 9 km lange Insel. Sie beherbergt einige Inca Relikte, die aber, so plump es klingen mag, nicht sonderlich extravagant bzw. beeindruckend sind. Dennoch hatten wir einen schoenen Tag und eine willkommende Abwechslung. Wir lernen weitere Radler kennen. Gabriel aus Bayern und David aus Berlin. Sympathische Zeitgenossen. Auch Franciciso, den Chilenen treffen wir wieder, der bei einem Freund im Restaurant arbeitet.

 

Nach 3 Ruhetagen schwingen wir uns freudig auf die Raeder, um das langgestreckte Ufer des Titicacasees zu befahren. In nur weiteren 8 km passieren wir die Grenze zu Peru und checken in unser 4. Land ein. Bolivien hat uns sehr, sehr gut gefallen. Bunt, einfach, guenstig, freundlich, aber leider viel zu kurz. Wir freuen uns auf Peru.